Madre Del Vizio - 05.08.2011 - Nicht jeder Mensch sollte in die gleiche Norm gepresst werden
Geschrieben von Cloudy   
Montag, 12. September 2011
Dieses Interview mit den Deathrockern von Madre Del Vizio wurde uns von Cloudy (Kainklangmusikmagazin) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
     
Cloudy:   Erzählt bitte etwas über euer neues Werk...
Fulvio:   Das neue Werk erzählt über die Handlung der Liebe. Denn der Titel "Amare l'amore" bedeutet "Liebe die Liebe". Das heißt: trotz dessen, dass die Liebe uns monströs zerstören kann, brauchen wir sie doch.
Upiry:   Eine klangliche Gratwanderung und Weiterentwicklung zwischen der alten und neuen musikalischen Welt von Madre Del Vizio.
Reb:   Endlich haben wir neue eigene Songs. Seitdem wir MDV wieder zum Leben erweckt haben, spielen wir die Songs, die bereits über zehn Jahre alt sind. Nicht, dass wir die Songs nicht gut finden - es wurde einfach mal Zeit für was Neues. Außerdem sind da ein paar ganz nette Songs zusammengekommen, denke ich.
Cloudy: Gibt es einen zentralen Song, der die Grundgedanken des Albums exemplarisch aufzeigt?
Fulvio: Nein, denn alle Songs handeln von der Liebe. Sie wird gezeigt in ihren verschiedenen Facetten.
Upiry: Für mich ist es "L'Amore ... Il Dolore (Deep Version)", da hier alle emotionalen Facetten des Albums wieder gespiegelt werden, die ich mit Fulvio erleben durfte.
Cloudy: Läuft bei euch die Wahl der lyrischen Hintergründe immer noch in völliger stilistischer Freiheit ab?
Fulvio: Natürlich, wer sollte da meine Freiheit beschränken?
Reb: Wer soll uns das denn vorschreiben?
Cloudy: Wie läuft bei euch das Auswahlverfahren für eine neue CD oder einen Song ab?
Fulvio: Ich habe kein Auswahlverfahren. Ich komponiere mit der Band Musik unter meine Texte, die meine Gedanken beinhalten.
Upiry: Fulvio hatte bestimmte dramaturgische Vorstellungen wie das Album aufgebaut sein sollte, daher hatte er auch das Auswahlverfahren in der Hand.
Reb: Wir arbeiten gemeinsam am Song. Deshalb gibt es selten mehrere unterschiedliche Versionen. Die Remixes werden meist von Kain und Fulvio gemacht. Da mische ich mich nicht so gern ein.
Cloudy: Was macht euren charakteristischen Sound aus und wie hat er sich über die Jahre hinweg verändert?
Fulvio: Unser Sound hat sich nicht verändert, sondern die Art den Sound zu spielen hat sich weiterentwickelt. Weil im Grunde genommen haben wir immer die schrillen Gitarren, Keyboardflächen, lakonische und religiöse Chöre und dazu italienische Worte.
Upiry: Der Charakter ist geblieben, aber eine neue Zeit bringt auch neue musikalische Möglichkeiten, die wir einflechten konnten.
Reb: Ich denke, dass die meisten Songs auf ähnlicher Gitarrenarbeit aufbauen. Der unverkennbare Mix zusammen mit Fulvios Gesang ergibt den MDV-Sound. Verändert hat sich der Sound sicherlich hauptsächlich durch die wechselnden Besetzungen und die dahinter stehenden Musiker. Es sind zwar immer nur Kleinigkeiten, die vielleicht nur Leuten auffallen, die selbst bei MDV spielen. Aber wenn man z.B. die Gitarrenidee eines anderen Gitarristen übernehmen muss, erkennt man schon oft, warum die Songs aus den verschiedenen 'Epochen' verschieden klingen - durch den individuellen Spielstil des Musikers.
Cloudy: Wie stellt ihr euch die Form zukünftiger Veröffentlichungen vor?
Fulvio: Hahaha, in Schallplattenform. Dazu kann ich nix sagen, mein einziges Interesse ist es Songs zu schreiben. Die Form der Veröffentlichung ergibt sich aus der Technologie der Zeit.
Upiry: CD oder Vinyl wird noch lange ein Teil des Marktes für Musikliebhaber sein. Für den schnellen Genuss werden vorerst die Downloadportale zuständig bleiben.
Cloudy: Wie ist der generelle Weg?
Fulvio: Es gibt keinen generellen Weg. Alles, was schon mal erfunden wurde, ist wieder überholt bzw. neu entdeckt worden.
Upiry: Schwer zu sagen. Ich denke Live wird das Wichtigste bleiben, der Rest wird schwarz irgendwo runter geladen...
Cloudy: Wird es einmal ein Live-Album geben?
Fulvio: Schön wär's. Material sammeln wir bereits dafür.
Upiry: Als Fan der ersten Stunde dieser Band hoffe ich auf ein Ja. ;-)
Cloudy: Liegt die letzte CD in der ursprünglichen Fassung der Aufnahmen vor, oder seid ihr noch mal drüber gegangen, um Passagen zu glätten, bei denen Kritiker später von einem "unsauberen Sound" oder "nicht perfekten Gesang" sprechen könnten?
Fulvio: Natürlich, vorher waren bestimmte Aufnahmen nur Skizzen bestimmter Songs. Die haben wir Freunden zum hören überlassen, um dann erst das eigentliche Album zu produzieren.
Upiry: Dieses wie auch andere Produkte unterliegen immer ein Prozess der Kreativität, daher gibt es immer wieder Veränderungen bis zum finalen Mix. Diese Änderungen unterlagen aber keinem Kritikereinfluss.
Reb: Man ist nur so gut, wie man eben ist. Außerdem waren wir unsere eigenen Produzenten. Ich bin auch der Meinung, dass zu viel 'Glätten' die eigentliche Grundidee eines Songs schnell zerstören kann. Abgesehen davon lebt unsere Musik davon, dass der Musik durch 'Überperfektion' nicht die Lebendigkeit genommen wird.
Cloudy: Wart ihr zu irgendeiner Zeit mit so etwas konfrontiert?
Fulvio: Nein.
Upiry: Meines Wissens, außer unserer eigenen Kritik, nicht.
Cloudy: Wie kamt ihr auf das Cover und den Titel des letzten Albums?
Fulvio: Wie bei der ersten Frage, ist es ein Album über die Liebe und was kann besser dazu passen als eine schöne weiße Weste? ;)
Cloudy: Passt ihr euren Homepageauftritt immer der Veröffentlichung an?
Kain: Ja, sofern wir das einrichten können natürlich.
Upiry: Da im Web die 'kurzen Wege' gewünscht sind, heißt es der Wiedererkennung wegen, ja.
Cloudy: Wie haltet ihr es generell mit dem Look eurer Internetseiten?
Kain: Wie schon gesagt, beziehen wir das generell auf das aktuelle Album bzw. füllen es mit aktuellem Content.
Upiry: Das Web ist ein wichtiger Teil, um Kontakte aufrecht zu erhalten oder um diese zu knüpfen, aber was nützt die beste Webpräsenz, wenn das Produkt nichts taugt, stelle ich immer wieder fest.
Cloudy: Wie seht ihr euch selbst im Vergleich zu euren Fans?
Fulvio: Wie soll ich mich sehen? Ich pisse, ich scheiße und ich kotze wie die Anderen auch. Ich bin also auch nur ein Mensch wie meine Fans.
Upiry: Ich freue mich ein Teil der Gegenwart und Vergangenheit von MDV zu sein, da ich bei den Konzerten gesehen habe, was diese Musik bei den Zuhörern und Fans bewirkt. Für kurze Zeit ist man ein Teil ihrer musikalischen Leidenschaft. Sehr schön.
Cloudy: Gibt es da diese unsichtbare Barriere zwischen Künstler und Verehrer, oder seid ihr einfach "nur" Musiker, die zufällig die Musik spielen, die die anderen mögen?
Fulvio: Ja, da hast du recht, wir sind ganz zufällig nur Musiker, deren Musik von anderen gemocht wird.
Upiry: Es gibt da keine Barriere, es besteht eine Einheit. Ich würde es wie im Fußballstadion vergleichen man leidet und freut sich gemeinsam.
Reb: Ich würde mir komisch vorkommen, wenn ich eine Barriere zwischen mir und Fans aufbauen würde. Das habe ich schon damals bei 'The Bates' so gehalten und das werde ich auch versuchen, weiter so zu halten. Sicherlich gibt es manchmal auch merkwürdige Fans. Da stimmt meist einfach die Chemie nicht. Die kommen dann aber auch selten zu mir.
Cloudy: Was kümmert euch zur Zeit am meisten und macht euch das Herz schwer?
Fulvio: Meine nächsten neuen Songs machen mir mein Herz schwer.
Upiry: Technische und manchmal auch fachliche Probleme im Hinblick auf die Ausübung, Umsetzung meiner Kreativität. ;-) Immer wieder stößt man an Grenzen und diese sind teilweise schwer zu überwinden.
Reb: Da gibt es Einiges. Das ist dann aber meist privater Natur.
Cloudy: Seit ihr auf der Suche nach euch selbst?
Fulvio: Nein.
Upiry: Nein, leider wache ich jeden Tag in diesem Körper wieder auf. ;-)
Cloudy: Wenn ja, wie weit seid ihr vorangekommen?
Upiry: Wichtig ist es loszulassen, dieses geht bis zum letzten Atemzug.
Reb: Das ist eine 'never ending story'. Ich glaube, es gibt nur wenige Leute, die von sich behaupten können, sie seien angekommen.
Cloudy: Mit wem möchtet ihr einmal auf Tour gehen oder eine CD aufnehmen?
Fulvio: Mein einziges Interesse ist es selber Songs zu schreiben.
Kain: Keine Ahnung, Peter Steele ist Tod.
Upiry: The Mission und/oder Bruno Ganz.
Cloudy: Was nehmt ihr zwingend mit, wenn ihr auf Tour geht?
Fulvio: Instrumente, Unterhosen und Socken ect.
Kain: Handy.
Upiry: Einen Talisman meiner Tochter.
Reb: Möglichst gute Laune und wenn's geht die nötige Geduld, um alles durchzustehen.
Cloudy: Im Laufe euer Karriere habt ihr euch mit ungemein vielen Themen, Ideen, Konzepten und Geschichten auseinander gesetzt. Interessieren euch diese Themen auch heute noch ausnahmslos, oder gibt es Gebiete, die früher einmal die Grundlage für einen Song gewesen sind, euch aber mittlerweile nicht mehr beschäftigen?
Fulvio: Ich befasse mich mit dem Leben der Liebe und dem Tod von Anfang bis Heute.
Upiry: Für mich bedarf es einer ganzen Zeit, um einige Themen künstlerisch 'abzuarbeiten'. Dieser Prozess dauert noch immer an.
Cloudy: Was als nächstes von Euch zu erwarten?
Fulvio: Kain und ich arbeiten schon am neuen Album und währenddessen gehen wir auf Tour mit "Amare l'amore" 2011-2012.
Upiry: Schwer zu sagen. Ich hoffe auf ein gutes nächstes Album.
Cloudy: Von all den Bands, mit denen ihr bisher getourt habt, wer waren die Nettesten und wer waren dir "größten Arschlöcher"?
Kain: Bands kann ich da nicht nennen. Ab und zu gab's mal Arschloch-Typen. aber das hielt sich immer in Grenzen.
Upiry: Zum Glück hatte ich bisher immer wieder spannende Menschen getroffen, ob Musiker oder nicht. Manche mag man mehr, manche weniger, da geht es mir nicht anders als anderen. Aber 'Totalausfälle' habe ich bei unseren Konzerten noch nicht getroffen.
Cloudy: Wenn ihr von einer Tour zurückkommt, wie sieht euer erster Tag zuhause aus?
Kain: Schlafen, chillen, schlafen.
Fulvio: Fressen und vielleicht amore amore, hahaha.
Upiry: Schlafen und dann eine schöne handgebrühte Tasse Kaffee.
Reb: Ich versuche einfach da weiterzumachen, wo ich vor der Tour aufgehört habe.
Cloudy: Gibt es etwas in eurem Leben, das ihr wirklich bereut?
Fulvio: Das ich ab und an Zeiten mit falschen Freunden verbracht habe. Aber was soll's... so ist das Leben, aus Fehlern lernt man.
Upiry: Viele verpasste Chancen und das Dumme dabei ist: die Zeit rennt.
Reb: Man kann allem etwas Gutes abgewinnen. Von meiner Seite hatte ich da nicht wirklich so etwas... abgesehen von ein paar unbedeutenden Jugendsünden, die mich mittlerweile nicht mehr tangieren.
Cloudy: Könnt ihr euch selbst in drei Worten beschreiben?
Fulvio: Amore, Fede, Speranza.
Upiry: Zu - impulsiv - emotional.
Reb: Ich glaube das kann ich bei mir nicht.
Cloudy: Was hasst ihr an euch selbst?
Fulvio: Ich hasse nicht... ich liebe nur. Amen.
Upiry: Meine Sturheit.
Reb: Manchmal konzentriere ich mich auf unwesentliche Dinge, über die ich mich dann sogar aufregen kann, wenn etwas schief läuft. Außerdem verbringe ich einen Großteil meiner Zeit mit unwichtigen Sachen. Das brauche ich aber für meinen Ausgleich, zumindest bilde ich mir das ein.
Cloudy: Welche Weltanschauung habt ihr?
Kain: Die Freiheit, sich selbst zu entwickeln, für alle.
Upiry: Nicht jeder Mensch sollte in die gleiche Norm gepresst werden.
Reb: Ich versuche mich aus Ideologien herauszuhalten.
Cloudy: Seid ihr fasziniert vom Tod?
Fulvio: Nicht fasziniert. Denn der Tod ist das Ende einer Lebenslinie, das bedeutet es ist nur die Angst vor dem Tod.
Upiry: Nein, denke es ist der letzte spannende Augenblick.
Reb: Das war ich, bis ich ihn nahezu hautnah erlebt habe mit dem dazugehörigen Leid. Jetzt ist er bei mir eher negativ belegt. Leute, die davon fasziniert sind, reden selten über eigene Erfahrungen. Es ist schon etwas anderes, wenn man mitbekommt, wie ein bekannter Mensch langsam verfällt und schließlich stirbt, als nur hohle Phrasen über den Tod zu dreschen.
Cloudy: Glaubt ihr, dass Religion für viele Menschen so wichtig ist, weil sie glauben, dass ihnen die Angst vor dem Tod etwas genommen wird?
Fulvo: Natürlich, die Religion ist die Zuflucht vor der Angst vor'm Tod. Ich bin aber nicht religiös, ich benutze nur die Religion.
Upiry: Sagen wir mal so: Das ganze Sterbe- und Jenseitsthema wird den Gläubigen 'schmackhaft' gemacht und die Aussicht auf die so genannte 'Vergebung der Sünden' wird ja auch gerne genommen.
Reb: Das ist nur ein Aspekt von vielen. Ich denke hauptsächlich suchen viele dieser Menschen eher ein Gefühl der Sicherheit, einen Halt, an den sie sich klammern können, wenn es mal nicht so gut läuft.
Cloudy: Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Euch alles Gute für die Zukunft!
Upiry: Herzlichen Dank an Euch! Und ebenfalls Alles Gute für Euch!
     
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