low-fi: "What We Are Is Secret"
Geschrieben von Andreas Torneberg   
Samstag, 3. März 2012
 

Ja, ein wenig muss man lüften und zwar das Geheimnis, wer sich hinter dieser Combo verbergen mag, denn allzu verschwenderisch lassen sich die Zwillinge Alessandro (Gesang, Bass, Synthesizer) und Adriano (Gitarre), eskortiert von Fabio (Synthesizer) und Giuseppe (Drums) nicht hinter ihre Info-Kulissen gucken. Die Namen verraten zumindest die Herkunft und laut Auskunft des italienischen Geheimdienstes liegt diese im zauberhaften Neapel. Es hilft nicht, nach Rezensionen zu spähen, von denen man wie üblich abschreiben könnte, kaum was im Netz; Pionierarbeit gefragt. Und das, obwohl - so behauptet es der Promoter - die Band low-fi schon Hunderte von Auftritten in Italien und Osteuropa gewälzt haben will.
Also schütteln wir die knirschenden Knochen und lassen das Debütalbum der Band mal im MP3-Player rotieren.

     

Wie sie selbst sagen, haben sie sich in dem Spalt zwischen New Wave und Electro eingenistet. Spalt ist gut, die Rezeptur nicht neu, verrät aber die Blickrichtung. Auch das beliebte, um nicht zu sagen ausgelutschte Wort "Postpunk" fällt in diesem Zusammenhang. "Something" treibt gleich den Zeiger hoch und zeigt das Talent, sich auf klare Songstruktur und schön eingebettete Melodik zu konzentrieren. Das wird auch äußerst begabt von Alessandro mit hoher, klarer Stimme unterstützt, die diesen Song dominiert.

Die Gitarre inklusive Rhythmik am Anfang vom überzeugenden Song "Daylight" lässt zunächst an Queens Of The Stone Age, Josh Homme oder die Dessert Sessions erinnern bevor die Vocals im Refrain an einen um zwei Oktaven nach oben verschobenen Carl McCoy mutieren, allerdings in einer unruhigen New Wave Light-Version. "Dead Disco Syndrome" zeigt das nächste Talent: Abwechslungsreichtum. Die Stimme diesmal in einem echten Postpunk-Sprechgesang, die Gitarre zwittert zitierend bruchstückhaft aus einem Italo-Western. Gitarrero Adriano scheint es zu lieben, trickreich mit seiner Gitarre aus allen möglichen Töpfen zu schöpfen.

"Speed Control" gräbt sich ein Stückchen Territorium aus dem Bereich von U2; sowohl Gitarre, als auch Stimme lassen zurückdenken an die Zeiten vor dem großen Ruhm der Iren, an die elegische Rauheit der Ende 70er. Die variantenreichen, elektronisch untermalten Breaks des Stücks gliedern dieses in appetitliche, gut verdauliche Happen - andernfalls könnte der Overkill an sich überlagernden Gitarrenriffs, Synthieklängen, nervös hektischer Perkussion und Stimme ein wenig zu lärmend wirken. Zumal die Abmischung teils auch recht naturbelassen zu sein scheint.

Umso stärker wirkt nach diesem schäumenden Machwerk das dunkle, ruhige und langsame "What We Are Is Secret". Aus abgrundtiefem Bass hebt sich sehr schön und klar die Stimme mit einem Refrain, der so sehnsüchtig kommt, dass er fast kitschig wirkt. Doch diese Gefahr beginnender Süßigkeit wird von einem morbid-rockigen Gitarrensolo aufgefangen. Wer es noch etwas dunkler mag, darf auf einen Tanztrack für den Dunkel-Tanz-Tempel, auf "Steinhaus", warten. "Piano Metal" ganz zuletzt entlässt die Platte in melodiöse Schwerlastigkeit. Je häufiger man die Platte hört, umso mehr gewinnt sie und wird spannender. Ein gutes Zeichen...

Fazit:
Low-fi hat wirklich ein Händchen für Komposition und dafür, Teile aus dem musikalischen Geschichtsunterricht durch elektronische Umsetzung in die Jetztzeit zu transponieren. Dazu eine klasse Stimme + ein höllisch vielseitiger Gitarrist. Das lässt sie in ihrer Art verwandtschaftlich wirken mit Bands wie Julien-K oder IAMX. Ein wenig depressiv, dabei unterhaltend - Dunkelpop mit einem Schuss widerspenstiger Rotzigkeit, unitalienisches dolce vita mit Peperoni gedünstet auf britische Art. Allerdings erhebt sich aus keinem dieser Lieder ein echter Hit. Es gibt aber auch nichts, was nach unten zieht. Jedes Lied für sich steht stark da und ließe sich als Single auskoppeln. Alle zusammen sind ein starkes Album und bilden Basis für die Möglichkeit, dass der Bekanntheitsgrad dieser Band mal wesentlich massiver aus dem italienischen Stiefelschaft schäumt. Salute!

Tracklist:
01. Something
02. Daylight
03. Dead Disco Syndrome
04. Speed Control
05. What We Are Is Secret
06. Private Revolution
07. The Evidence In A Missing Link
08. On The Scene
09. Steinhaus
10. Piano Metal

     
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Letzte Aktualisierung ( Samstag, 3. März 2012 )