ASP - 04.10.2008 - Wir müssen alle lernen...
Geschrieben von Ormuz   
Sonntag, 12. Oktober 2008
Am 04.10.2008 fand das lang erwartete ASP-Konzert im Erfurter Stadtgarten statt. Carola aka Ormuz war für uns dabei und konnte einige liebe Worte mit Sänger Alexander Spreng wechseln. Lest selbst...
20 Minuten Interview mit einem Goth
Pünktlich zur verabredeten Zeit trafen wir uns im Cafe des „Stadtgarten“ - einer Location im Herzen Erfurts, die schon bessere Tage gesehen hat.
Da kam er nun auf mich zu, ASP, der Große, und das meine ich wörtlich.
Carola: Hallo, Du Lieber. Ich bin Carola, ich bin hier für "LabelLos.de" und dies ist mein allererstes Live-Interview und ich bin entsetzlich aufgeregt.
ASP: (lacht) Ich kann dich beruhigen, alles wird gut.
Carola: Ich habe mir ein paar Fragen aufgeschrieben, wenn Du irgendetwas davon nicht beantworten möchtest, ist das auch okay.
ASP: Dann werde ich mich da charmant rauslavieren.
Carola: Ich übertreibe sicher nicht, wenn ich sage, dass Du der größte deutsche Gothkünstler bist. Natürlich meine ich das nicht rein körperlich, dennoch interessiert es mich. Wie groß bist Du eigentlich?
ASP: (lacht) Ich bin 1,87m groß.
Carola: Ich habe bereits viele Interviews nachgelesen, die Du bereits gegeben hast, weil ich vermeiden wollte Fragen noch und noch und noch mal zu stellen.
In einem älteren Interview habe ich gelesen, dass Du eigentlich immer schon Musiker sein wolltest, außer einmal… in der 4. Klasse hattest Du eine andere Idee. Leider hast Du damals nicht gesagt, welche das war. Verrätst Du es jetzt?
ASP: Oh, ich weiß gar nicht mehr, ob es in der 4. Klasse war, aber ich wollte Bäcker werden. Also ich kann mich zumindest erinnern, dass ich mal Bäcker werden wollte, aber ich glaube, das einzige, was davon übrig geblieben ist, ist, dass ich absoluter Frühaufsteher bin. Ich arbeite unglaublich gern am frühen Morgen. Was aber nicht heißt, dass ich nicht auch spät abends gern arbeite.
Carola: Es bleibt dir ja auch nicht wirklich viel anderes übrig, euer Tourplan ist ja ganz eng gesteckt.
ASP: Tatsächlich. Ich muss sagen, dass es schlicht unmöglich geworden ist, bei dem hohen logistischen Aufwand größere Pausen zwischen den Auftritten zu machen, weil wir so viele Dinge zu organisieren, zu bezahlen und zu planen haben, dass das am Stück reisen am Ende zwar strapaziös ist, aber das Einzige, was man realisieren kann. Natürlich ist es auch ein Spiel mit der Gesundheit. Man sieht von außen natürlich nur die zwei oder zweieinhalb Stunden am Abend, die das Konzert dauert, aber wir sind schon recht früh in den Locations und auch da wird gearbeitet.
Carola: Ja, es muss ja auch die ganze Technik aufgebaut werden.
ASP: Das müssen wir zum Glück nicht selbst machen, das machen dankenswerterweise die Techniker.
Carola: Ihr habt auf dieser Tour hochkarätige Unterstützung. Alle Künstler terminlich unter einen Hut zu bringen, ist ja nun auch gewiss nicht ganz einfach?
ASP: Ja gut, es war natürlich so: Wir haben die Termine für die Tournee schon vor einem dreiviertel Jahr festgelegt. Die Leute wurden dann natürlich auch passend dazu gesucht, so dass sie da auch Zeit haben. Man könnte nicht so vorgehen, dass man fragt: Wann habt ihr alle am besten Zeit? Da würde man nie fertig werden, weil ja immer auch jeder noch etwas anderes zu tun hat. Man muss die Künstler fragen: Kannst Du zu dem Termin mitkommen oder nicht?
Das Langwierigste ist das Buchen. Da muss man schon ganz früh anfangen. Alles braucht unglaublich viel Vorlauf. Man muss nicht nur die technischen Sachen abklären, man muss Locations suchen, die passen. Das ist immer sehr schwierig und das macht Gott sei Dank die Booking-Agentur.
Und was auch nicht zu unterschätzen ist: je früher man damit in die Werbung gehen kann, je eher die Fans davon erfahren, umso besser ist es.
Carola: Zeit ist ein gutes Stichwort, wenn man mit anderen Künstlern auf Tour geht, die eure Stücke spielen. Die brauchen ja auch Zeit, um sie zu lernen.
ASP: Wir müssen alle lernen. Auch wir müssen Stücke zum Teil ganz neu lernen.
Es ist so, dass wir dieses Mal auch Stücke ins Programm aufgenommen haben, die haben wir live noch nie gespielt haben.
Carola: Ja, ich habe es auf eurer Website gelesen. Heute ist es ja erst das zweite Mal.
Hast Du immer noch Lampenfieber?
ASP: Also ich habe sowieso IMMER Lampenfieber. Und ich muss sagen: So schlimm das ist, genieße ich es auch. Ich glaube das Lampenfieber gehört dazu. Würde man zu viel Routine einkehren lassen, dann verliert es diesen Kitzel. Ich habe das Gefühl, dass Lampenfieber eher etwas Positives ist. Das vergeht auch, während der ersten beiden Stücke - (lacht) wenn die gut über die Bühne gehen.
Gestern in Dresden war es ganz toll. Es war vor allem deswegen toll, weil wir sehr, sehr herzlich empfangen wurden. Das Publikum hat uns getragen.
Es ist natürlich so: So ein erstes Konzert ist immer eine Zitterpartie. Man weiß nie, was passiert.
Wir haben in diesem Jahr so viele Projekte gemacht - wir sind wirklich an die Grenzen dessen gegangen, was Menschen leisten können. Das bleibt nicht ohne Folgen. Man bekommt sowohl körperlich als auch geistig immer die Rechnung dafür präsentiert. Dennoch geben wir immer alles, denn: Wenn man der Verlockung erliegt zu sagen „Ah, jetzt wird es ein bisschen ruhiger.“, dann beginnt man abzuschlaffen, dann klappt schon mal gar nichts mehr.
Aufgeregt sind wir alle. Es war gestern viel besser als ich das befürchtet hatte, viel, viel besser.
Es war schön. Gestern haben wir ja in der Lukaskirche gespielt. Das Ambiente ist toll. Ich habe ja keinen Bezug zu Kirchen, außer dass sie schön sind, und ich habe festgestellt: Kirchen sind ja überhaupt nicht beheizt. Für die Gesundheit ist das nicht gut. Man tut wirklich gut daran, sich einzumummeln, wie im Winter, aber die Akustik ist einfach großartig in einer Kirche.
Carola: Ihr spielt auf dieser Tour ja viel vom Krabat Liederzyklus...
ASP: Ja, es hält sich in etwa die Waage. Wir haben jetzt natürlich viele Songs ausgewählt, die wir von Anfang an spielen wollten. Die etwas härteren Stücke muss man zwangsläufig weglassen, aber der Krabat Liederzyklus war ja der Grund dafür, diese Unplugged-Tour überhaupt zu machen. Wir haben aber auch ganz viele alte und beliebte ASP-Stücke, die in dieses Konzept passen, ins Programm aufgenommen, ohne die es teilweise auch nicht geht, die die Leute auch verlangen zu hören. Aber dieses neue Gewand, das steht den Songs doch auch sehr gut - Stücke, die man schon viele Jahre gehört hat doch auch einmal auch ganz neu zu entdecken, das war für uns spannend. Und für das Publikum glaube ich auch.
Carola: Du hast dir ja beim Krabat einige künstlerische Freiheiten genommen. Zum Beispiel muss ja Kantorka, die Geliebte Krabats, bei dir sterben, was ich persönlich sehr traurig finde.
Und - siehe auch die Batmanfilme - um das Böse zu besiegen, muss man zuweilen auch selbst Böses tun. Das ist ja immer so eine Gratwanderung. Hast Du vom Publikum Reaktionen bekommen? Wie nehmen die das auf, oder merken die das überhaupt?
ASP: Doch, natürlich sind da Reaktionen gekommen. Ich glaube dieses Thema wird sich erst noch entfalten. Ich glaube, dass die ganze Zaubererbruder CD auch noch ein paar Wochen braucht, damit man so in die Tiefe gehen kann. Das finde ich auch gut so. Eine Geschichte, die zuerst auf emotionale Weise wirken darf und man danach dann die Möglichkeit hat mehr zu entdecken, macht auch immer mehr Spaß und hält länger vor. Ich glaube auch, dass man solche Inhalte auch auf der emotionalen Ebene am Besten verpacken kann.
Natürlich ist der Zaubererbruder keine durch und durch politische Platte, aber es sind so unglaublich viele Themen drin, wie zum Beispiel: Wie böse kann oder muss man seine Mittel wählen, um das Böse zu besiegen? Das ist ein Umstand, der auch meine Figur Krabat sehr stark mitnimmt, sehr stark verändert und das Wissen ob dieses Umstandes ihn auch ein Stück weit zerbricht und am Ende dann aber auch stark macht.
Carola: Er lernt ja immer dazu. Mit jeder neuen Erkenntnis muss er neue Entscheidungen treffen.
ASP: Soweit der Meister ihm das gewährt - das ist natürlich das zweite große und auch zeitgemäße Thema.
Carola: So alt die Geschichte ist, sie ist ja absolut auch aktuell.
ASP: Natürlich. Und es dreht sich auch darum, inwieweit man durch das Zurückhalten von Wissen und Bildung Leute klein hält.
[An dieser Stelle gab es eine kleine Unterbrechung, da drei verzückte Fans uns entdeckt hatten und fragten, ob sie bitte ein Autogramm bekommen könnten... "Aber selbstverständlich!"]
Carola: Euch ist ja wichtig nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern auch eine politische Aussage zu machen, wie auch immer verpackt - wie z.B. bei „Ich bin ein wahrer Satan“ - wo es doch ganz offensichtlich ist.
ASP: Das ist eine Frage der Perspektive. Für viele Leute ist das sehr leicht nachzuvollziehen, aber für Manche ist es doch ein sehr weiter metaphorischer Weg. Es ist immer sehr unterschiedlich, wie Menschen das betrachten. Wir haben es gerade an den Reaktionen zu diesem Song stark gemerkt. Denn es gab durchaus genau diese Reaktion, die zu befürchten war, von wegen: „ASP sind Satanisten.“. Ich finde das enttarnende dieses ganzen Systems, wie es sich selbst enttarnt, dadurch, dass es genau so reagiert. Das ist schon fast Realsatire.
Carola: Ärgert dich das?
ASP: Ja. Und natürlich möchte man ja immer was bewirken und hat den Wunsch. Wenn man Türen öffnen könnte, wäre das toll, aber ich glaube, es gibt bestimmte Arten von Menschen, die sind einfach nicht zu drehen, zu ändern, und ich glaube, dass man Toleranz ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr lernen kann.
Ich würde mich da gern widerlegen lassen bzw. mit Freude sehen, dass es anders wäre. Gegen die allgemeine Dummheit anzugehen, das sollte man sich als Künstler nicht als alleiniges Ziel setzen, denn da stößt man auf Windmühlen, gegen die man nicht ankämpfen kann.
Carola: Du hast dir ja erst den Zyklus vom schwarzen Schmetterling vorgenommen, jetzt den Krabat - welche Geschichte würdest Du gern noch machen, uns erzählen?
ASP: Themen gibt es viele, aber ich möchte jedes Thema so verpacken, dass es nicht stereotyp ist und ich mich selbst darin wieder finde. Und ich denke so etwas braucht unglaublich viel Zeit und Einfühlungsvermögen.
Der Zaubererbruder hat mich viel gelehrt. Auch dass es zwar sehr schön ist eine Geschichte zu erzählen, die schon jemand anders erzählt hat, und sich auch ein Stück weit zu eigen zu machen, aber ich glaube es liegt mir einfach doch näher meine eigenen Geschichten zu erzählen. Das ist doch erfüllender, wenn man so eine Geschichte von der ersten Entstehung bis zum Schluss begleiten darf.
Deswegen werde ich mich zum Ende des Jahres - nach ein klein wenig Urlaub, der auch dringend nötig ist - um eine neue eigene Geschichte kümmern.
Wir haben vor, dass der nächste Erzählzyklus auch das beste ASP-Album aller Zeiten werden soll. Wir wollen uns viel Zeit nehmen diesmal. Wir haben gemerkt, dass wir ständig nur am rennen sind. Jetzt muss ein bisschen Ruhe einkehren. Man muss wieder ein bisschen zu sich selbst finden und schauen: Was sind die Geschichten, die man erzählen möchte?
[Die Ruhe kehrte dann ein in Gestalt des Tourmanagers, der ASP schon zum nächsten Termin abholen kam. Aber ein ganz klein wenig Zeit haben wir uns doch noch genommen.]
Carola: Ich würde sagen, dann halte ich dich auch nicht mehr länger auf.
Nur eins noch: Ich weiß, Du hast eine ganz besondere, ganz schöne Angewohnheit. Du beschenkst Menschen, die dich tief beeindruckt haben. Ich möchte dir auch etwas schenken und hoffe, es kommt deinem schwarzen Humor entgegen...
ASP: (lacht herzhaft) Das ist ja süß, vielen lieben Dank! Besonders gelungen finde ich den kleinen Teddy, der da vorne in der Tasche sitzt.
ASP: Hast Du denn noch eine abschließende Frage?
Carola: Nein, ich habe keine abschließende Frage, ich habe eine abschließende Bemerkung: Ich freue mich auf heute Abend, auf magische Momente, auf dieses und auf jedes weitere Konzert.
Ich bedanke mich sehr für deine Zeit und wünsche dir alles Gute!
Im Anschluss folgte das Konzert. Hier geht's zur Rezension...

Kommentar(e)
Once in a Life Time
Geschrieben von Ruhnon am 2008-10-13 08:54:57
Ein sehr Gutes interview und sehr interesant  
 
und ich muss sagen Carola war nicht die einzige die sehr aufgergt war 
waren wir ja auch es ist ja nicht immer so schon wenn man in ein interview reinplatz aber so ne chance gibt es ja nich immer  
 
Once in a life Time :) 
 
Mfg Ruhnon

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