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Lacrimosa: "Sehnsucht"
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Geschrieben von Andreas Torneberg   
Samstag, 29. August 2009
 

Man kann Musik mit dem Kopf hören, mit dem Bauch, dem Herzen oder den Beinen. Lacrimosa gehört zu der Sorte, die am besten mit Herz und Bauch aufgenommen werden kann. Für den Kopf ist einfach zu viel Gefühl und Romantik dabei, was - mit dem Kopf betrachtet - ins Kitschige, Süßliche oder Übersteigerte entgleiten kann. Selbst die Texte erschließen sich nicht durch Nachdenken, sondern durch Einfühlen. Für die Beine ist der Klang zu schwermütig, die Kompositionen zu variantenreich und unbeständig. Aber das Herz ist ein unberechenbares Empfangsgerät - die Klänge von Lacrimosas neuer Platte "Sehnsucht" bringen das eine Herz zum Schlagen; das andere stößt diese akustische Implantation von sich. Selbst alte Fans könnten Probleme mit dem neuen Sound und der neuen Art des Vortrags haben, an denen sich Tilo Wolff versucht. "Neu" im Sinne von Veränderung und Weiterentwicklung.

     

Das erste Lied beginnt zwar auf amtlichen acht Minuten Länge mit dem Lacrimosa-typischen Pathos, der Dramatik, der Orchestrierung und entführt durch seine Wechselhaftigkeit den Hörer sofort in die bekannte Klangatmosphäre, doch schon mit dem folgenden "Mandira Nabula" wird klar gemacht, dass man auf treibenden Rock und im Vordergrund stehende Gitarren setzt. Darüber täuscht auch nicht das elegische, ruhige "A.u.S." hinweg, denn "Feuer" haut dem Hörer gleich darauf Gitarrenrock, Orchester und Kinderchor schmissig in die Magengrube. Diese neue Härte begleitet Tilo Wolff auch stimmlich, schreit bis zur Dissonanz, flüstert, rezitiert heiser und bemüht sich, seine Emotionen zu "Sehnsucht" möglichst vielfältig und expressionistisch zum Ausdruck zu bringen. Die Momente ruhigen, dunklen Gesangs sind rar gesät. Bei "A Prayer For Your Heart" stellt sich seine musikalische Partnerin Anne Nurmi ans Mikro und schafft durch ihren harmonischen, melodiösen Liedaufbau zu den zornigen, melancholischen und rauen Darbietungen Tilos einen sonderbaren Kontrast. Die vergangene Russland-Tournee findet einen rockenden Gitarreneintrag mit "I Lost My Star In Krasnodar" ins akustische Tagebuch, dynamisch losbrechend, wonach der Hörer mit weichem Pianosolo ins schöne, traurige Tal "Die Taube" geleitet wird, wo ihn auch Orgel und Trompete begrüßen. Für mich unverständlich und fehl am Platz ist "Call Me With The Voice Of Love" - kaum noch als Lacrimosa zu erkennen, haben hier die düstere Tiefe und die Melodramatik einem seltsam weichen, glatten Lovesong Platz gemacht. Auch wenn Tilo - wie er in einem Interview von sich gab - mit diesem Klang und diesem Lied im Ohr eines Morgens aufgewacht ist, wäre meinerseits wünschenswert, er würde nicht zu häufig mit solchen Klängen erwachen und sich lieber auf die Zeiten nachts bei Mondlicht vor dem Einschlafen konzentrieren.

So ist eine energiegeladene Platte entstanden, deren einzelne Stücke sich stark und profiliert voneinander unterscheiden. Auch wenn der Wechsel aggressiver Rocksongs mit melancholischer Besinnlichkeit eine interessante Spannung erzeugt, wäre die Platte trotz kompositorisch vielfältiger Ideen als eingängig zu bezeichnen, wenn die Musik nicht durch die stimmliche Performance von Tilo Wolff zerrissen und aufgewühlt würde. Diese ist allerdings gewöhnungsbedürftig und wird - eben durch die stark persönliche Prägung - den einen irritieren, den anderen faszinieren. Keine Platte für den schnellen Durchlauf.

Tracklist:
01. Die Sehnsucht in mir
02. Mandira Nabula
03. A.u.S.
04. Feuer
05. A Prayer For Your Heart
06. I Lost My Star In Krasnodar
07. Die Taube
08. Call Me With The Voice Of Your Love
09. Der tote Winkel
10. Koma

     
Lacrimosa @ LabelLos.de
Lacrimosa @ myspace
     

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